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Hotels und Unterkünfte können in Deutschland gegen Booking.com klagen – es kommt auf den Gegenstand des Verfahrens an

Urteil des EuGH vom 24.11.2020 in der Rechtssache C-59/199

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat entschieden, dass der deliktische Gerichtsstand Anwendung findet, wenn der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bestimmter Verhaltensweisen geltend gemacht wird. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Verhaltensweisen im Rahmen einer Vertragsbeziehung handelt. Der deliktische Gerichtsstand begründet eine Zuständigkeit des Gerichts an dem Ort, an dem das schädigende Ereignis veranlasst wurde, eingetreten ist oder einzutreten droht. Dies kann z.B. der Sitz des geschädigten Unternehmens sein.

Die Entscheidung des EuGH geht auf die Klage eines Hotels in Schleswig-Holstein gegen das Buchungsportal Booking.com zurück. Booking.com hatte ohne Zustimmung des Hotels Rabattaktionen durchgeführt. Gegenstand des Verfahrens sind außerdem ein etwaig überhöhter Provisionssatz für eine effektive Leistung sowie der erschwerte Zugang zu Kundendaten. Diese Geschäftsbedingungen und -praktiken beurteilt das Hotel als missbräuchlich. Aufgrund der marktbeherrschenden Stellung von Booking.com bei der Vermittlung von Unterkünften bliebe Hotels und Unterkünften allerdings nichts anderes übrig, als diese Geschäftsbedingungen zu akzeptieren.

Sowohl das erstinstanzlich mit der Sache befasste Landgericht Kiel als auch das Oberlandesgericht Schleswig als Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Die Gerichte hielten sich für örtlich nicht zuständig. Nach Auffassung der Gerichte in Kiel und Schleswig hätte das Hotel Booking.com in Amsterdam verklagen müssen. Booking.com hat seinen Unternehmenssitz in Amsterdam.

Im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH legte dieser dem EuGH eine Frage zur Auslegung der besonderen Zuständigkeit gemäß Art. 7 Abs. 2 EuGVVO vor. Der BGH bat um Klärung, ob die Regelung für eine Klage gilt, die auf die Unterlassung bestimmter Verhaltensweisen im Rahmen einer Vertragsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beklagten gerichtet ist und die darauf gestützt wird, dass der Beklagte unter Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutze. Fraglich war, ob der Deliktsgerichtsstand (Art. 7 Abs. 2 EuGVVO) durch den Vertragsgerichtsstand (Art. 7 Abs. 1 lit. a) EuGVVO) verdrängt wird, wenn der Kläger seine Ansprüche auch auf einen Vertragsverstoß stützen könnte. Die Luxemburger Richter verneinten dies. Wird die Klage auf eine unerlaubte Handlung, z.B. einen Wettbewerbsverstoß gestützt, findet der Deliktsgerichtsstand Anwendung.

In einem Hauptsacheverfahren müssen nun die deutschen Gerichte beurteilen, ob Booking.com tatsächlich eine marktbeherrschende Stellung missbraucht, oder nicht.

Die Entscheidung des EuGH erleichtert deutschen Unternehmen ein gerichtliches Vorgehen gegen marktstarke Unternehmen, wenn eine unerlaubte Handlung, z.B. der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, im Raum steht. Eine Klage kann ich Deutschland erhoben werden. Bei der Gestaltung einer Klage ist mit Blick auf die Zuständigkeit deutscher Gerichte abzuwägen, ob die Ansprüche auf eine vertragliche Grundlage gestützt werden oder auf ein deliktisches Verhalten. Kritiker befürchten, dass das Urteil des EuGH das sog. „Forum Shopping“ – also das systematische Ausnutzen nebeneinander bestehender Gerichtsstände – fördern wird.

ZL Aktuell

Hotels und Unterkünfte können in Deutschland gegen Booking.com klagen – es kommt auf den Gegenstand des Verfahrens an

Urteil des EuGH vom 24.11.2020 in der Rechtssache C-59/199

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat entschieden, dass der deliktische Gerichtsstand Anwendung findet, wenn der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bestimmter Verhaltensweisen geltend gemacht wird. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Verhaltensweisen im Rahmen einer Vertragsbeziehung handelt. Der deliktische Gerichtsstand begründet eine Zuständigkeit des Gerichts an dem Ort, an dem das schädigende Ereignis veranlasst wurde, eingetreten ist oder einzutreten droht. Dies kann z.B. der Sitz des geschädigten Unternehmens sein.

Die Entscheidung des EuGH geht auf die Klage eines Hotels in Schleswig-Holstein gegen das Buchungsportal Booking.com zurück. Booking.com hatte ohne Zustimmung des Hotels Rabattaktionen durchgeführt. Gegenstand des Verfahrens sind außerdem ein etwaig überhöhter Provisionssatz für eine effektive Leistung sowie der erschwerte Zugang zu Kundendaten. Diese Geschäftsbedingungen und -praktiken beurteilt das Hotel als missbräuchlich. Aufgrund der marktbeherrschenden Stellung von Booking.com bei der Vermittlung von Unterkünften bliebe Hotels und Unterkünften allerdings nichts anderes übrig, als diese Geschäftsbedingungen zu akzeptieren.

Sowohl das erstinstanzlich mit der Sache befasste Landgericht Kiel als auch das Oberlandesgericht Schleswig als Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Die Gerichte hielten sich für örtlich nicht zuständig. Nach Auffassung der Gerichte in Kiel und Schleswig hätte das Hotel Booking.com in Amsterdam verklagen müssen. Booking.com hat seinen Unternehmenssitz in Amsterdam.

Im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH legte dieser dem EuGH eine Frage zur Auslegung der besonderen Zuständigkeit gemäß Art. 7 Abs. 2 EuGVVO vor. Der BGH bat um Klärung, ob die Regelung für eine Klage gilt, die auf die Unterlassung bestimmter Verhaltensweisen im Rahmen einer Vertragsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beklagten gerichtet ist und die darauf gestützt wird, dass der Beklagte unter Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutze. Fraglich war, ob der Deliktsgerichtsstand (Art. 7 Abs. 2 EuGVVO) durch den Vertragsgerichtsstand (Art. 7 Abs. 1 lit. a) EuGVVO) verdrängt wird, wenn der Kläger seine Ansprüche auch auf einen Vertragsverstoß stützen könnte. Die Luxemburger Richter verneinten dies. Wird die Klage auf eine unerlaubte Handlung, z.B. einen Wettbewerbsverstoß gestützt, findet der Deliktsgerichtsstand Anwendung.

In einem Hauptsacheverfahren müssen nun die deutschen Gerichte beurteilen, ob Booking.com tatsächlich eine marktbeherrschende Stellung missbraucht, oder nicht.

Die Entscheidung des EuGH erleichtert deutschen Unternehmen ein gerichtliches Vorgehen gegen marktstarke Unternehmen, wenn eine unerlaubte Handlung, z.B. der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, im Raum steht. Eine Klage kann ich Deutschland erhoben werden. Bei der Gestaltung einer Klage ist mit Blick auf die Zuständigkeit deutscher Gerichte abzuwägen, ob die Ansprüche auf eine vertragliche Grundlage gestützt werden oder auf ein deliktisches Verhalten. Kritiker befürchten, dass das Urteil des EuGH das sog. „Forum Shopping“ – also das systematische Ausnutzen nebeneinander bestehender Gerichtsstände – fördern wird.